Corona-Schutz selbstgenäht
Anja Nielsen aus Nordhackstedt und Carola Jacobs aus Hörup produzieren Gesichtsmasken – und haben viele Mitstreiter
Vor drei Wochen fing alles noch ganz klein an. Anja Nielsen aus Nordhackstedt hatte einen Aufruf der Berufsfeuerwehr in Essen gelesen, in dem dazu aufgefordert wurde, einen Behelfsschutz für Mund und Nase selbst zu nähen – als Alternative, falls es zu Lieferengpässen in Sachen Mundschutz kommen sollte. „Dann nähe ich sie doch gleich für meine Eltern und Schwiegereltern“, dachte sie sich. Doch dabei blieb es nicht. Aus dem Familien- und Freundeskreis kamen Anfragen, und so setzte sich die 52-jährige gelernte Arzthelferin an ihre Nähmaschine und nähte immer weiter. „Ich bin Frührentnerin, und Nähen ist mein Hobby und meine Medizin“, erzählt sie. Sie hält sich dabei genau an die Vorgaben: guter, gewaschener Baumwollstoff, dreilagig, Falten und ein Nasenbügel aus Metall. Inzwischen hat sie etliche Heftstreifen aufgekauft, um daraus die Metallstreifen zu entnehmen, die sich besonders gut eignen. Weil die eigenen Stoffvorräte nicht mehr reichen, bekommt sie Nachschub von Kersten Schmidt aus der „Prünstuv“ Joldelund, die zurzeit außer Haus liefert und Tüten einfach an die Tür hängt. Mehr als 60 Mundschutze hat Anja Nielsen inzwischen angefertigt: „Es tut gut, ein bisschen dazu beizutragen, dass es anderen gut geht.“ Doch die Nachfrage steigt unaufhörlich, deshalb startete sie eine Facebook-Anfrage: „Wer möchte mitmachen?“ Was daraufhin passierte, kann sie kaum fassen: „Die Resonanz ist überwältigend, rund 20 Frauen haben sich bei mir gemeldet und machen nun mit.“ Gerade hat sie 26 Mundschutze an die Arztpraxis in Großenwiehe geliefert. Dr. Robert Kruse ist froh über das Engagement: „Ich war zuerst skeptisch, aber man muss differenzieren zwischen Fremd- und Eigenschutz. Als Fremdschutz können sie wie OP-Masken funktionieren.“ Er fände es gut, wenn mehr Menschen diesen Schutz tragen würden, auch Verkäuferinnen, um andere vor Ansteckung zu bewahren. In seiner Gemeinschaftspraxis werden Risikopatienten geschützt, indem die Mitarbeiter Mundschutz tragen. Anders sieht es im abgetrennten Bereich aus, wo auch Corona-Tests durchgeführt werden: „Zum Eigenschutz tragen wir Schutzmasken der Kategorie FFP 2 oder FFP3 und Schutzkleidung.“ Allerdings gebe es hier Lieferschwierigkeiten, weil zuerst die Krankenhäuser versorgt werden, deshalb müssten sie eventuell mehrfach benutzt werden.
Über Lieferengpässe berichtet auch Kathrin Clausen, Geschäftsführerin der Sozialstation Schafflund: „Wir bekommen nichts mehr, haben es wochenlang versucht.“ Genähte Mundschutze seien zunächst abgelehnt worden, sagt sie, „doch jetzt ist die Not so groß, dass wir sie verwenden dürfen.“ Noch seien alle Mitarbeiter an Bord, freut sie sich, nur Angehörige der Risikogruppe hätte sie herausgenommen: „Meine Leute halten so toll durch, es ist Wahnsinn, was sie jetzt leisten.“ Deshalb habe sie sich auch über das Engagement von Carola Jacobs aus Hörup gefreut, die ebenfalls einen Aufruf zum Nähen von Mundschutzen gestartet hat. Rund 300 Stück werden gebraucht. „Allein in Hörup haben sich schon acht Frauen bei mir gemeldet“, erzählt Carola Jacobs. Inzwischen haben sich beide Frauen, die unabhängig voneinander initiativ geworden waren, miteinander kurzgeschlossen, um sich gemeinsam für die gute Sache zu engagieren.
Text - SHZ Helga Böwadt
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